Weltweite Umfrage des IGB 2022: Eine weltweite Krise der Lebenshaltungskosten

Überall auf der Welt, haben arbeitende Menschen angesichts der weltweit steigenden Lebenshaltungskosten Mühe, über die Runden zu kommen.

Zwei von fünf Haushalten (43%) waren von Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit betroffen, und jede zweite befragte Person (51%) gibt an, dass ihr Einkommen hinter dem Anstieg der Lebenshaltungskosten zurückbleibt. Das geht aus einer neuen Umfrage des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) hervor.

IGB-Generalsekretärin Sharan Burrow stellt dazu fest: “Die Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten, die dem gescheiterten Wirtschaftssystem zugrunde liegen, einschließlich riesiger Regulierungsdefizite bezüglich Unternehmen und Finanzwelt, wurden durch die COVID-19-Pandemie in brutaler Weise aufgedeckt und massiv verschärft.”

Die Ergebnisse der im Auftrag des IGB von YouGov in 17 Ländern durchgeführten Weltweiten Umfrage wurden am Vortag des5. IGB-Weltkongresses in Melbourne, Australien, veröffentlicht.

Die Umfrage gibt einen nüchternen Einblick in die Herausforderungen, vor denen arbeitende Menschen stehen:
• Arbeitsplätze: 66% sind besorgt über den Verlust des Arbeitsplatzes.
• Rechte: 55% der Menschen sind besorgt über die Schwächung der Arbeitsgesetze. 53% geben an, dass die Gewalt in der Arbeitswelt zugenommen hat.
• Löhne: Eine von zehn befragten Personen (13%) hat nicht genügend Geld für die grundlegenden Dinge des Lebens wie Wohnung, Lebensmittel und Strom. Drei Viertel der Menschen (72%) glauben nicht, dass der Mindestlohn für ein menschenwürdiges Leben ausreicht.
• Sozialschutz: 87% befürworten einen erschwinglichen Zugang zu medizinischer Versorgung, aber 67% sind besorgt über die Fähigkeit des Gesundheitssystems, die aktuellen Herausforderungen in den Griff zu bekommen.
• Gleichstellung: 66% sind besorgt über die Einkommens- und Chancenungleichheit zwischen Männern und Frauen.
• Inklusion: 69% sind der Meinung, dass das Wirtschaftssystem die Reichen begünstigt.

“Das Fundament der Demokratie und der Weltwirtschaft wurde zerstört. Die Regierungen setzen unternehmerischer Profitgier nichts entgegen und haben es versäumt, im Interesse arbeitender Menschen zu handeln. Wenn 56% der Menschen sagen, dass die Angst vor Repressalien sie daran hindern würde, unternehmerische Misswirtschaft zu melden, dann wissen wir, dass das Konzept der sozialen Verantwortung der Unternehmen gescheitert ist.“

“Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wissen, dass die wirtschaftlichen und sozialen Fortschritte ins Stocken geraten sind oder es sogar zu Rückschritten kommt. Das Wirtschaftssystem begünstigt die Interessen einiger weniger, während die staatlichen Dienste an ihre Belastungsgrenze stoßen und die Arbeitnehmerrechte unter Beschuss geraten, einschließlich zunehmender Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz.“

“Arbeitende Menschen wissen jedoch, was sie wollen. Sie wissen, dass die Antwort ein neuer Sozialvertrag ist, basierend auf klimafreundlichen Arbeitsplätzen, Rechten, Löhnen, Sozialschutz, Gleichstellung und Inklusion”, erklärt Sharan Burrow.

Der IGB verkörpert die größte demokratische Gemeinschaft der Welt, und sein Weltkongress mit mehr als 1.000 Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern aus über 130 Ländern wird den Auftrag der internationalen Gewerkschaftsbewegung für die kommenden vier Jahre debattieren.

IGB-Präsident Ayuba Wabba erklärt: “Arbeitende Menschen unterstützen das Ziel eines niemanden ausgrenzenden sozialen und wirtschaftlichen Fortschritts mit geteiltem Wohlstand und einer nachhaltigen Zukunft.“

“Für viele Menschen ist dieses Ziel aktuell außer Reichweite, aber wenn wir ihre klaren Forderungen erhören, und mit einem neuen Sozialvertrag können wird das Ruder herumreißen und für eine Wirtschaft sorgen, die arbeitenden Menschen zugutekommt.“

“Es ist allerdings Eile geboten. Regierungen und Unternehmen müssen jetzt einen Aktionsplan entwickeln, um einen neuen Sozialvertrag zu liefern und damit zu beginnen, den angerichteten Schaden zu beheben.”

Michele O’Neil, die Präsidentin des australischen Gewerkschaftsbundes ACTU, betont: “Diese Umfrage zeigt, dass die Beschäftigten in Australien, die sich einer anhaltenden Lohnkrise gegenübersehen und von denen seit Jahren verlangt wird, mehr für weniger Geld zu arbeiten, nicht allein sind. Überall auf der Welt haben arbeitende Menschen mit steigenden Lebenshaltungskosten und zunehmender Ungleichheit zu kämpfen.“

“Internationale Vergleiche können den australischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zudem den Weg nach vorn weisen: Betriebsübergreifende Tarifverhandlungen haben in Dutzenden anderen Ländern dazu beigetragen, das Lohnwachstum und die Lebensqualität zu verbessern. Es wird Zeit, dass wir in Sachen Tarifverhandlungen mit dem Rest der Welt gleichziehen.”

ANMERKUNGEN:
Ein Exemplar der YouGov-Datentabellen ist erhältlich bei Andrew Khan-Gordon, IGB, Kampagnen und Kommunikation: [email protected].

Die Feldarbeit wurde zwischen dem 22. Juni und dem 6. Juli 2022 von YouGov durchgeführt. In die Umfrage wurden Erwachsene in Ägypten, Argentinien, Australien, Belgien, Brasilien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Indonesien, Japan, Kanada, Mexiko, Südafrika, Südkorea und den USA einbezogen. Alle vorstehend genannten Umfragewerte stellen den Durchschnitt der 17 Länder dar. Die Zahlen wurden auf nationaler Ebene gewichtet und sind repräsentativ für die gesamte erwachsene Bevölkerung des jeweiligen Landes.

Der IGB-Weltkongress findet vom 17. bis 22. November 2022 in Melbourne, Australien, statt. Der IGB vertritt 200 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in 332 Mitgliedsorganisationen und 163 Ländern und Hoheitsgebieten.

Tägliche Höhepunkte des Kongresses (alle Zeiten Ortszeit Melbourne: UTC/GMT+11)

Im Livestream auf der Kongress-Webseite .

Journalist*innen, die am IGB-Weltkongress teilnehmen möchten, können ihre Akkreditierung hier beantragen.

Donnerstag, 17. November, 16:00-18:00 Uhr: Eröffnungsveranstaltung, einschließlich Reden von Joy Murphy Wandin, einer Ältesten der Wurundjeri, des IGB-Präsidenten Ayuba Wabba (NLC Nigeria), des westaustralischen Senators Pat Dodson, der ACTU-Präsidentin Michelle O’Neill, des früheren ILO-Generaldirektors Guy Ryder u.a.

Freitag, 18. November, 9:00-12:30 Uhr: Plenum, Videobotschaft von António Guterres, UN-Generalsekretär, Rede von IGB-Generalsekretärin Sharan Burrow zur Lage der Welt für arbeitende Menschen und den Ergebnissen der Weltweiten Umfrage des IGB 2022

Samstag, 19. November, Kongressforum: Technologie und Auswirkungen auf die Arbeit

Sonntag, 20. November: Wahl des IGB-Generalsekretärs

Montag, 21. November: Bekanntgabe des Ergebnisses der Abstimmung über den schlechtesten Boss der Welt. Nominiert worden waren u.a. Alan Joyce, Jeff Bezos und Gina Rinehart.