Olympia: Neuer Host-City-Vertrag beinhaltet Menschenrechte

Der Beschluss des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), im Einklang mit den Empfehlungen eines Bündnisses von Menschenrechts-, Sport- und Transparenz-Organisationen Menschenrechtsprinzipien in seinen „Host-City-Vertrag“ für Olympia-Gastgeber aufzunehmen, könnte dazu beitragen, schwere Missbräuche bei künftigen Olympischen Spielen zu verhindern. Das hat heute die Sports and Rights Alliance erklärt. Im Januar 2017 wurde letzte Hand an den überarbeiteten Host-City-Vertrag gelegt, und erstmals gelten wird er für die Sommerspiele im Jahr 2024.

Das IOC hat zum ersten Mal einen ausdrücklichen Verweis auf die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte sowie auf Standards zur Korruptionsbekämpfung aufgenommen. Die Leitprinzipien legen die Verantwortung der Unternehmen im Bereich der Menschenrechte fest und erläutern, wie alle gewerblichen Unternehmen Gefahren für die Menschenrechte abschätzen, wirksame Maßnahmen zu deren Vermeidung ergreifen und für Abhilfe sorgen sollten, falls es dennoch zu Missbräuchen kommt.

IGB-Generalsekretärin Sharan Burrow: „Dies ist ein wichtiger Schritt des IOC für die Zukunft. Die Anwendung der UN-Leitprinzipien auf alle globalen Sportgroßveranstaltungen wird dazu beitragen, den Teufelskreis der Menschenrechtsverletzungen zu durchbrechen, und diesem Beispiel des IOC sollte ab sofort bei sämtlichen Veranstaltungen dieser Art gefolgt werden.“

Die Olympischen Spiele im Jahr 2024 werden entweder in Paris oder in Los Angeles stattfinden, nachdem Budapest seine Bewerbung zurückgezogen hat. Das IOC wird den Gastgeber im September 2017 in Lima, Peru, bekannt geben, wobei spekuliert wird, dass der anderen Stadt zur selben Zeit die Ausrichtung der Spiele im Jahr 2028 zugesprochen wird.

Minky Worden, die bei Human Rights Watch für globale Initiativen zuständig ist, merkt dazu an: „Viel zu lange sind die Gastgeber der Olympischen Spiele mit Missbräuchen an den Beschäftigten, die die Stadien bauen, und mit der Unterdrückung der Medien und Kritiker davongekommen. Mit dem Recht, die Olympischen Spiele auszurichten, muss die Pflicht einhergehen, keine grundlegenden Menschenrechte zu verletzen.“

Brendan Schwab von UNI World Athletes fügt hinzu: „Sofern er tatsächlich in Kraft gesetzt wird, wird der überarbeitete Host-City-Vertrag zu der Gewährleistung beitragen, dass Olympia-Gastgeber die ‘Menschenwürde’ wahren, wie es die Olympische Charta verlangt. Dies sollte sich positiv auf alle anderen Sportgroßveranstaltungen auswirken, wie etwa auf die Fußball-Weltmeisterschaft und überall dort, wo es in Verbindung mit Sport nach wie vor zu Missbräuchen kommt.“

Der überarbeitete Host-City-Vertrag des IOC greift eine Reihe von Empfehlungen der Sports and Rights Alliance (SRA) auf, eines Zusammenschlusses führender Menschenrechts- und Sportorganisationen sowie Gewerkschaften, darunter Amnesty International Niederlande und Großbritannien, UNI World Athletes, FIFPro, der Verband der Profifußballer, Football Supporters Europe, Human Rights Watch, der Internationale Gewerkschaftsbund, UNI Global Union, Terre des Hommes und Transparency International Deutschland. Der Auftrag der SRA besteht darin, „sicherzustellen, dass bei Sportgroßveranstaltungen die Menschenrechte, die Umwelt und die Antikorruptionsauflagen in jeder Phase des Prozesses respektiert werden.“

Der Vertrag schreibt jetzt beispielsweise vor, dass die gastgebenden Städte „die Menschenrechte schützen und achten und sicherstellen, dass bei jeder Verletzung der Menschenrechte für Abhilfe gesorgt wird, und zwar in einer Art und Weise, die mit internationalen Vereinbarungen, Gesetzen und Vorschriften, die für das Gastgeberland gelten, vereinbar sind, sowie in einer Art und Weise, die mit allen international anerkannten Menschenrechtsstandards und -prinzipien, einschließlich der Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte, vereinbar sind und für das Gastgeberland gelten.“

Die beschlossenen Änderungen sind der letzte Schritt in einer langen Kampagne der SRA, die im Februar 2015 im Vorfeld einer Sitzung des IOC-Exekutivkomitees in Rio de Janeiro, bei der es um die Umsetzung der Olympischen Agenda 2020 ging, „Olympia-Bewerbungen“ gefordert hat, „bei denen die Rechte respektiert werden“. In ihrem Brief an IOC-Präsident Thomas Bach hat die SRA empfohlen, bei künftigen Ausrichterverträgen darauf zu achten, dass sie mit grundlegenden Standards im Bereich der Arbeitnehmerrechte vereinbar sind und „konkrete und messbare Indikatoren für die Auswirkungen auf die Menschenrechte beinhalten, vor allem hinsichtlich des Rechtes auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit, des Rechtes auf Unterkunft und des Schutzes von Menschenrechtsverteidigern.“

Die SRA hat diese Prinzipien nach den weitverbreiteten Missbräuchen im Zusammenhang mit früheren Olympischen Spielen, wie beispielsweise 2016 in Rio, 2008 in Peking und 2014 bei den Winterspielen in Sotschi, als einen unerlässlichen Schritt bezeichnet.

• Die Spiele 2008 in Peking waren ein Katalysator für Menschenrechtsverletzungen, einschließlich massenhafter Zwangsräumungen, einer drastischen Zunahme von Festnahmen, Inhaftierungen und Schikanierungen von Regimekritikern, wiederholter Verletzungen der Pressefreiheit und vermehrter politischer Repressionen.

• Die Spiele 2014 in Sotschi wurden durch Zwangsräumungen, Missbräuche an ausländischen Arbeitskräften, Medienzensur, ein hartes Vorgehen gegen die Zivilgesellschaft in Russland und die Diskriminierung von Lesben, Homosexuellen, Bisexuellen und Transgender getrübt. Und die Europaspiele 2015 in Baku fanden vor dem Hintergrund schwerer Repressionen im Gastland Aserbaidschan statt.

• Mehr als 22.000 Familien wurden während der Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele 2016 in Rio Opfer von Zwangsräumungen, und die Zahl der Straßenkinder, die entfernt wurden, nahm drastisch zu, ebenso wie die Polizeigewalt.