G20-Gipfel in Seoul – Gewerkschaften begrüßen Verpflichtung zur Schaffung von Arbeitsplätzen, warnen aber vor Gefährdung der Erholung durch Sparmaßnahmen

Die Anerkennung durch die G20, dass menschenwürdige Beschäftigung im Mittelpunkt der Konjunkturerholung steht, und ihre Verpflichtung zum sozialen Schutz für die gefährdetsten Bevölkerungsgruppen wurden von den Gewerkschaften begrüßt. Gleichzeitig äußerten diese sich jedoch tief besorgt über die weltweiten Folgen von verfrühten Sparmaßnahmen.

„Die Gewerkschaften möchten ab sofort bis zu den G20-Treffen in Frankreich im Jahr 2011 konkretes Handeln sehen, damit die Folgen der bitteren und bislang beispiellosen sozialen Krise auf dem weltweiten Arbeitsmarkt behoben werden. Die Gewerkschaften sind nach wie vor gegen eine kurzfristige Senkung der Haushaltsdefizite, bevor die Beschäftigung wieder in Gang gebracht ist”, sagte IGB-Generalsekretärin Sharan Burrow. „Wir haben Sorge, dass ohne koordinierte Investitionen in Arbeitsplätze und sozialen Schutz die G20 die Rezession lediglich von einem G20-Land zum anderen überträgt und letztendlich so die gesamte Weltwirtschaft gefährdet.”

„Die Weltwirtschaft ist wesentlich schwächer als die G20 zugeben und noch weit davon entfernt, die Finanzmärkte zu beruhigen. Überstürzte Sparmaßnahmen und ein verfrühter Abbau der öffentlichen Defizite werden Investitionen noch weiter dämpfen und sich auf die Bewertung der Staatsverschuldung niederschlagen, wenn Wachstumsprognosen nach unten korrigiert werden,” erklärt der Generalsekretär des Beratenden Gewerkschaftsausschusses (TUAC) bei der OECD, John Evans. „Die Regierungen versuchen, das Wachstum schönzureden und fordern Strukturreformen, aber der Aktionsplan von Seoul gleicht eher dem alten Muster des Kürzens von Leistungen und der Schwächung des Schutzes von Arbeitsplätzen, wodurch das Vertrauen der Haushalte geschwächt wird. Was wir brauchen, ist ein G20-Aktionsplan für Arbeitsplätze, der eine gerechtere Einkommensverteilung und eine nachfragegesteuerte Erholung fördert.”

In Seoul diskutierte eine 50-köpfige Gewerkschaftsdelegation mit dem südkoreanischen Präsidenten und G20-Gastgeber Lee Myung-Bak und zahlreichen anderen Regierungschefs sowie den Chefs der internationalen Finanzinstitutionen und der Europäischen Kommission.

„Die Arbeitsminister der G20 müssen sich jetzt so bald wie möglich treffen, um über bewährte Maßnahmen für menschenwürdige Beschäftigung sowie den Globalen Beschäftigungspakt der IAO zu sprechen, und darüber, wie ein erneutes Auftreten der Arbeitsmarktungleichheiten, die ursächliche Faktoren der Krise waren, verhindert werden kann,” so Burrow weiter.

Die Gewerkschaften begrüßen die Verpflichtung der G20 zur Einbindung der Gewerkschaften in den G20-Prozess, warnen jedoch gleichzeitig davor, dass die G20 allzu sehr nur dem Eigeninteresse der Finanzwelt zugeneigt sind.

„In London und Pittsburgh wurden noch entscheidende Maßnahmen zur Rettung der Weltwirtschaft getroffen, um eine vernünftige Regulierung an die Stelle der Gier der Finanzmärkte treten zu lassen, doch die Finanzreform ist ins Stocken geraten, und die G20 scheinen nicht gewillt, sich gegenüber Wirtschaftsführern und Bankern zu behaupten, die sich nach wie vor selbst einer verwässerten Regulierung widersetzen und sich gleichzeitig selbst üppige und unverdiente Boni auszahlen,” sagte Evans.

Die Gewerkschaften warnen, dass ohne eine echte Finanzreform, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und die Abschaffung der Steuerparadiese die für die Investition in Arbeitsplätze, Entwicklung und die Bekämpfung des Klimawandels benötigten Mittel fehlen werden. „Die Umsetzung dieser Maßnahmen ist nicht nur eine moralische Pflicht, sondern auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit,” so Evans.

„Der Entwicklungskonsens von Seoul für gemeinsames Wachstum“ ist zwar wichtig, doch ist er kein Ausgleich für das Fehlen von konkreten Mittelzusagen für die Erreichung der Milleniumsentwicklungsziele oder die Einrichtung eines weltweiten Mindestniveaus für den Sozialschutz (Social Protection Floor),” fügte Burrow hinzu. „Die Bürger der Welt erwarten mehr. Sie erwarten von den Führern der G20 statt Tatenlosigkeit und kurzfristigen Lösungen, dass diese eine echte globale Führungsrolle übernehmen und für Arbeitsplätze und Aufschwung sorgen. Wenn Frankreich 2011 den Vorsitz in der G20 übernimmt, ist es dringend erforderlich, dass die G20 ihre gemeinsame Zielstrebigkeit wiederentdecken, damit sie nicht erst durch stagnierendes Wachstum und eine Rückkehr zu steigender Arbeitslosigkeit wachgerüttelt werden.”