Bei der Abstimmung auf dem außerordentlichen FIFA-Kongress waren die nationalen Fußballverbände gezwungen, sowohl für 2030 als auch für 2034 nur eine einzige Stimme abzugeben, ohne die Möglichkeit, die beiden Bewerbungen unabhängig voneinander zu bewerten oder abzulehnen.
Die Risikobewertungen der FIFA im Bereich der Menschenrechte wurden von Gewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen und sogar von ihren eigenen Mitgliedern. Ein Bericht von Amnesty International und der Sport and Rights Alliance, bei der der IGB ein wichtiger Partner ist, hat schwerwiegende Mängel in Bezug auf Vereinigungsfreiheit, Meinungsfreiheit, LGBTI-Rechte, Mindestlohn und mehr festgestellt.
"Die FIFA hat mit diesem Verfahren wichtige Schutzvorkehrungen umgangen und ihre eigenen Menschenrechtsverpflichtungen ignoriert." IGB-Generalsekretär Luc Triangle
Sie wusste, dass den Beschäftigten das Grundrecht auf die Gründung von oder den Beitritt zu Gewerkschaften verweigert wird. Dieses Recht ist unerlässlich, um Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zu gewährleisten, ein kritisches Thema in Saudi-Arabien, wo beim Bau der Bandstadt ‘The Line’ Berichten zufolge mehr als 21.000 Arbeiter ums Leben kamen.
Die FIFA hat außerdem das missbräuchliche Kafala-System ignoriert, das Millionen Wanderarbeitskräfte in der Pflege, im Baugewerbe und im Dienstleistungssektor Missbrauch und hemmungslosem Lohndiebstahl aussetzt. Und zu einer Zeit, in der Sportlerinnen und Sportler zunehmend als Arbeitnehmer und Menschenrechtsverfechterinnen anerkannt werden, könnte ihnen für die Wahrnehmung ihre Rechte bei der Arbeit während eines Turniers in Saudi-Arabien eine Kriminalisierung drohen.”
Allein in diesem Jahr hat Saudi-Arabien:
- sein Ranking im Globalen Rechtsindex des IGB verschlechtert.
- zwei formelle Beschwerden bei der ILO seitens der Bau- und Holzarbeiter Internationale (BHI) wegen “schwerer Menschenrechtsverletzungen und Lohndiebstahls im Zusammenhang mit mindestens 21.000 Bauarbeitern” erhalten, und in einem Bericht von Amnesty International heißt es, dass Wanderarbeitskräfte in Franchise-Filialen von Carrefour um ihren Lohn betrogen wurden.
- eine Beschwerde bei den Vereinten Nationen seitens der IGB-Afrika und der IGB-Mitgliedsorganisationen COTU (Kenia), FESTU (Somalia), CETU (Äthiopien), NOTU (Uganda), TUCTA (Tansania), GTUC (Ghana) und NLC (Nigeria) wegen “unerbittlicher Ausbeutung, Lohndiebstahls und Zwangsarbeit” erhalten, denen afrikanische Arbeitsmigrant*innen ausgesetzt sind.
Luc Triangle weiter: “Die FIFA scheint den Grundstein für eine massive Verletzung der Gewerkschaftsrechte im Namen von Profiten für einige wenige zu legen. Sportlerinnen und Sportler, Fans, Anwohner und Millionen Arbeitskräfte entlang der globalen WM-Lieferkette haben etwas Besseres verdient.
Der IGB wird gemeinsam mit seinen Mitgliedsorganisationen, den Globalen Gewerkschaftsföderationen und Partnern in aller Welt weiterhin Druck auf die FIFA und Saudi-Arabien ausüben, damit sie ihren Verpflichtungen im Bereich der Menschen- und Arbeitnehmerrechte nachkommen. Wir sind entschlossen, dafür zu sorgen, dass die Beschäftigten mit Würde behandelt werden. Um dies zu erreichen, muss die Internationale Arbeitsorganisation als UN-Organisation, die sich mit den grundlegenden Prinzipien und Rechten bei der Arbeit, menschenwürdiger Arbeit sowie sicheren und gesunden Arbeitsplätzen befasst, uneingeschränkt einbezogen werden.”