Ägypten: Mursis Politik verschärft die Krise

Die zutiefst parteipolitisch geprägte Sozial- und Wirtschaftspolitik des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi hat maßgeblich zu der großen Unzufriedenheit in der Bevölkerung Ägyptens beigetragen und die Demonstrationen der letzten Tage ausgelöst, bei denen mehr als 20 Millionen Menschen auf die Straße gegangen sind, um seinen Rücktritt zu fordern.

Mindestens 16 Menschen sind dabei ums Leben gekommen, und mehrere Hundert wurden verletzt. Die unabhängige Gewerkschaftsbewegung, die in vorderster Front der Reformbewegung steht, hat scharfe Kritik an Mursi geübt und ihm die Verweigerung der Gewerkschaftsrechte, Untätigkeit bei der Bekämpfung der Armut und des sozialen Ausschlusses sowie kapitalistische Günstlingswirtschaft gegenüber den Anhängern der Bruderschaft vorgeworfen.

"Ägypten hat seit dem Sturz des früheren Diktators Mubarak nicht nur zwei vergeudete Jahre hinter sich. Große Teile der Bevölkerung erleben inzwischen Armut und Ausgrenzung beispiellosen Ausmaßes, und das Versprechen eines demokratischen Wandels und der Wahrnehmung der Menschenrechte wurde gebrochen. Präsident Mursi dient in den Augen von Millionen Ägyptern lediglich den Interessen seiner eigenen Anhänger, was auf Dauer vollkommen untragbar ist", kommentiert IGB-Generalsekretärin Sharan Burrow.

Wenn unabhängige Gewerkschaften für die Erhöhung von Hungerlöhnen eingetreten sind, wurde dies in den letzten Monaten routinemäßig mit Gewalt und der Entlassung von Gewerkschaftssympathisanten erwidert. Frauen sehen sich beispielloser Gewalt ausgesetzt, und die Medien werden unterdrückt. Die zugesagte Anpassung der ägyptischen Arbeitsgesetze an die Normen der Internationalen Arbeitsorganisation, vor allem bezüglich der Vereinigungsfreiheit, ist nicht erfolgt.

"Präsident Mursi ruft jetzt zum Dialog auf, aber angesichts seiner autokratischen Herrschaft des letzten Jahres klingt dieser Ruf eher unglaubwürdig. Seine Politik der Konfrontation und Ausgrenzung hat zu einer tiefen Krise in dem Land geführt, und die Forderung der Bevölkerung nach seinem Rücktritt ist nur zu verständlich", so Burrow.
In ihrem neuen Sonderbericht "A Revolution Betrayed" (Eine verratene Revolution) dokumentiert Equal Times nicht nur Verstöße gegen die Arbeitnehmerrechte, die Rechte der Frau und die Redefreiheit, sondern auch, wie die ägyptischen Behörden Straßenkinder inhaftieren und foltern.

http://www.equaltimes.org/wp-content/uploads/2013/06/Egypt-EN-Final.pdf

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Photo: Bora S. Kamel