Fußball-WM 2022 in Katar: Dringender Handlungsbedarf, um Menschenleben zu retten

Das Angebot der FIFA, dem Emir von Katar einen ‘Höflichkeitsbesuch’ abzustatten, ist vollkommen unzureichend und deutet nicht darauf hin, dass sie einen Plan hat, wie verhindert werden soll, dass weitere Arbeiter sterben.

Sharan Burrow, die Generalsekretärin des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB), betrachtet dies als einen globalen Konflikt, bei dem es um grundlegende Arbeitnehmerrechte und moderne Sklaverei in Katar geht und für den umgehend eine Lösung gefunden werden muss.

Der IGB hat die FIFA bereits vor zwei Jahren darauf hingewiesen, wie Gastarbeiter in Katar behandelt werden, und seither sind dort etwa 600 Beschäftigte gestorben. Schätzungen des IGB zufolge werden 4000 Beschäftigte vor dem Beginn der Fußball-WM 2022 in Katar ums Leben kommen, wenn nichts unternommen wird.
"Beschäftigte aus Ländern wie Indien, Nepal, Sri Lanka, den Philippinen und immer häufiger auch aus Afrika werden wie Zwangsarbeiter behandelt. Sie dürfen keiner Gewerkschaft beitreten, müssen erbärmliche Lebensbedingungen ertragen und werden oft nicht wie versprochen bezahlt. Hunderte gesunde junge Männer sterben. Internationale Unternehmen, die Regierung Katars und die FIFA sind in diesem Netz tödlicher Praktiken gefangen", so Sharan Burrow.

"Katars Bemühungen um eine Schadensbegrenzung werden das Zwangsarbeitsproblem in dem Land nicht aus der Welt schaffen. Die Zusage, Aufsichtsbeamte einzustellen, um für die Inkraftsetzung unzureichender Gesetze zu sorgen, die angesichts des Kafala-Einwanderungssystems sowieso nicht durchsetzbar sind, wird nicht verhindern, dass Beschäftigte in Katar sterben. Und auch die Beauftragung einer Anwaltskanzlei mit einer ‘unabhängigen Untersuchung’ wird nicht wirklich etwas bewirken.

Die Klärung dieses globalen Konfliktes hängt von konkreten Maßnahmen der FIFA und von dem politischen Willen der katarischen Behörden ab, und beides ist bislang nicht erkennbar. Das Angebot der FIFA ist eine Beleidigung für die Familien der Opfer", erklärt Sharan Burrow.

Der Regierung Katars stehen gesetzliche und politische Lösungen zur Verfügung, um den Beschäftigten ihre Rechte zu verschaffen und die Voraussetzungen für eine sichere Fußball-WM 2022 zu schaffen:

- Beendigung des Kafala-Systems, damit die Beschäftigten ihren Arbeitgeber wechseln und das Land ungehindert verlassen können;
- Verabschiedung innerstaatlicher Gesetze, die Wanderarbeitskräften das Vereinigungsrecht zugestehen, damit sie Gewerkschaften gründen und beitreten und Tarifverhandlungen für faire Löhne und sichere Arbeitsbedingungen führen können;
- Revision der den Beschäftigten zur Verfügung stehenden Beschwerdeverfahren;
- Zusammenarbeit mit internationalen Vermittlungsagenturen, um die Missstände bei der Masseneinstellung von Wanderarbeitskräften abzustellen.

"Die FIFA hat die Macht, die Arbeitnehmerrechte zu einer Bedingung für die Austragung der Fußball-WM 2022 in Katar zu machen. Noch ist Zeit, um erneut abzustimmen und einen Austragungsort zu bestimmen, an dem die Beschäftigten respektiert werden", kommentiert Sharan Burrow.

Es ist nicht das erste Mal, dass Katar eine ‘unabhängige Untersuchung’ verspricht. Nach der Brandtragödie in dem Einkaufszentrum ‛Villaggio’ am 28. Mai 2012 in Doha, Katar, bei der 13 Kinder und sechs Erwachsene in der Kindertagesstätte ‛Gympanzee’ ums Leben kamen, haben die katarischen Behörden eine unabhängige Untersuchung eingeleitet, um Sicherheitsprobleme in öffentlichen Einrichtungen und die Bauqualität in dem Einkaufszentrum zu untersuchen. Der Vorsitzende des Organisierungskomitees für die Fußball-WM in Katar, Hassan Al-Thawadi, hat den Familien der Opfer die Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse zugesagt.
Martin Weekes, Vater von Drillingen, die bei dem Villaggio-Brand ums Leben kamen, erklärt dazu: "Der Untersuchungsbericht ist den Familien der Opfer, ihren Regierungen und selbst dem zuständigen Richter bis heute nicht ausgehändigt worden, obwohl Hassan Al Thawadi persönlich zugesagt hatte, dass er und das Organisierungskomitee für Katar 2022 für seine Veröffentlichung sorgen würden. Wir wissen, dass katarische Versprechungen einer unabhängigen Untersuchung nichts als leere Worte sind."

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Ansprechpartnerin für die Vereinbarung von Interviews mit Sharan Burrow ist Gemma Swart [email protected] +32 479 06 41 63

Martin Weekes, früherer CEO des berühmten internationalen Sportstadions Eden Park in Neuseeland, wo zwei Rugby-Weltmeisterschaften stattfanden, und Vater von Drillingen, die bei dem Villaggio-Brand in Katar ums Leben kamen, der sechs Jahre lang in Katar in der Immobilienwirtschaft gearbeitet hat, steht ebenfalls für Interviews zur Verfügung: [email protected]

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