Internationale Gewerkschaften drängen Weltbank und IWF zu weiteren entschiedenen Maßnahmen zur Bekämpfung der weltweit zunehmenden Arbeitslosigkeit

Eine 80-köpfige hochrangige internationale Gewerkschaftsdelegation trifft in dieser Woche in Washington mit dem Geschäftsführenden Direktor des Internationalen Wahrungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, und Weltbankpräsident Robert Zoellick sowie mit Ratsmitgliedern und anderen Vertretern der beiden Institutionen zusammen, um auf weitere Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung der Rezession und zu einer wirksamen globalen Regulierung zu drängen, um auf diese Weise künftig weltweit für Wirtschaftsstabilität zu sorgen.

Brüssel, 14. Januar 2009: Eine 80-köpfige hochrangige internationale Gewerkschaftsdelegation trifft in dieser Woche in Washington mit dem Geschäftsführenden Direktor des Internationalen Wahrungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, und Weltbankpräsident Robert Zoellick sowie mit Ratsmitgliedern und anderen Vertretern der beiden Institutionen zusammen, um auf weitere Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung der Rezession und zu einer wirksamen globalen Regulierung zu drängen, um auf diese Weise künftig weltweit für Wirtschaftsstabilität zu sorgen. Der von IGB-Präsidentin Sharan Burrow und IGB-Generalsekretär Guy Ryder geleiteten Delegation gehören Spitzenvertreter/innen und Wirtschaftsexperten nationaler Gewerkschaftsdachverbände, der Globalen Gewerkschaftsföderationen und des Gewerkschaftlichen Beratungsausschusses bei der OECD an.

Besonders besorgt sind die Gewerkschaften über die weltweit zunehmende Arbeitslosigkeit, da immer mehr Arbeitgeber angesichts der Kreditkrise Stellen abbauen.

"Es ist unerlässlich, dass sich die Regierungen und die internationalen Finanzinstitutionen angesichts der erwarteten weltweiten Krise auf den Arbeitsmärkten um menschenwürdige Arbeitsplätze bemühen und somit die Grundlage für die Erholung der Konjunktur schaffen. Während der IWF die Industrieländer zu nachdrücklichen fiskalpolitischen Impulsen ermutigt hat, was wir für richtig halten, hat er bei seinen Ratschlägen für die meisten Entwicklungsländer einen wesentlich traditionelleren Ansatz im Sinne von ‘fiskalpolitischer Disziplin’ verfolgt. Die Entwicklungs- und Schwellenländer haben jedoch bereits in zunehmendem Maße unter der globalen Wirtschaftskrise zu leiden, und der IWF und die Weltbank sollten die gescheiterten Strategien der Vergangenheit aufgeben und ihre Bemühungen auf die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen konzentrieren, um sowohl die derzeitige Krise zu bewältigen als auch die Grundlage für die künftige wirtschaftliche Erholung zu schaffen", erklärte IGB-Generalsekretär Guy Ryder.

Schätzungen der IAO zufolge, die veröffentlicht wurden, bevor das volle Ausmaß der Krise bekannt war, gingen bereits von dem Verlust von 20 Millionen Arbeitsplätzen bis Ende 2009 aus, ebenso wie von einer Zunahme der Zahl der Menschen, die mit weniger als 1US$ pro Tag auskommen müssen, um 40 Millionen. Die Gewerkschaften befürchten, dass die Auswirkungen der sich verschärfenden Krise letztendlich noch wesentlich größer sein werden.

Der IWF hat Notkredite für verschiedene besonders stark von der Krise betroffene Länder bewilligt, und obwohl die damit verbundenen Auflagen nicht so komplex und beschwerlich sind wie diejenigen, die während der asiatischen Finanzkrise in den Jahren 1997-98 auferlegt wurden, sind die Mitgliedsorganisationen besorgt über einige der Bedingungen bzw. der "Vorabmaßnahmen", die vielfach erforderlich sind, wie etwa Erhöhungen der Zinssätze und der von öffentlichen Versorgungsbetrieben erhobenen Preise, Begrenzungen und sogar Senkungen der Löhne und Gehälter, vor allem im öffentlichen Dienst, sowie Kürzungen der Rentenzahlungen und weitere Kürzungen der öffentlichen Ausgaben. All dies wird die Aktivitäten bereits angeschlagener Volkswirtschaften weiter behindern und zu einer Verschlechterung des Lebensstandards der Beschäftigten führen. Außerdem steht dies im Widerspruch zu den fiskalpolitischen Impulsen, zu denen der IWF die reichen Länder ermutigen möchte.

Der IGB ist vor allem über gewisse Auflagen einer Kreditvereinbarung besorgt, die der IWF soeben mit der autoritären Regierung Belarus abgeschlossen hat. Im Gegenzug zu einem Notkredit in Höhe von US$ 2,46 Milliarden hat die weißrussische Regierung, die von der Internationalen Arbeitsorganisation wegen der Verletzung grundlegender Arbeitnehmerrechte verurteilt wurde, zugesagt, die Löhne und Gehälter im öffentlichen Sektor generell zu begrenzen, die von den öffentlichen Versorgungsbetrieben erhobenen Preise zu erhöhen und verstärkt Privatisierungen vorzunehmen. Belarus ist ferner verpflichtet, sein soziales Sicherheitsnetz zu reformieren und schwerpunktmäßig "die am wenigsten geschützten Gruppen" zu unterstützen, was für viele Beschäftigte zu einem verminderten sozialen Schutz führen könnte, da sie angesichts der Unterdrückung der Gewerkschaften durch das Lukaschenko-Regime keine Möglichkeit haben, ihre Meinung frei zu äußern oder sich zu verteidigen. "Der IWF muss von der Regierung Belarus die Achtung international anerkannter Menschenrechte, einschließlich der Kernarbeitsnormen, fordern, bevor irgendwelche Kreditzahlungen an das Land genehmigt werden", kommentierte Guy Ryder.

Die Gewerkschaftsdelegation legt ein umfassendes und konkretes Sanierungs- und Reformpaket vor, das auf der Erklärung von Washington basiert, die beim Krisengipfel der G20 im November in Washington unterbreitet wurde. In dem Paket wird betont, dass die Regierungen bereit sein müssen, für weitere abgestimmte Zinssenkungen zu sorgen und Investitionen in die Infrastruktur, das Bildungs- und das Gesundheitswesen vorzuziehen, um das Nachfragewachstum anzukurbeln und die öffentlichen Dienste zu stärken. Dies muss von steuer- und ausgabenpolitischen Maßnahmen zum Schutz der Kaufkraft derjenigen mit niedrigen und mittleren Einkommen sowie von konkreten Schritten in Richtung auf Investitionen in grüne Waren und Dienstleistungen als Beitrag zur Bewältigung des Klimawandels flankiert sein.

Angesichts der Tatsache, dass die G20 den IWF aufgefordert hat, eine führende Rolle bei der Gestaltung eines neuen Regulierungsrahmens für das globale Finanzsystem zu übernehmen, wird die internationale Gewerkschaftsdelegation darauf bestehen, dass sie mit am Verhandlungstisch sitzt, wenn es um die Re-Regulierung der globalen

Finanzmärkte geht, damit der Realwirtschaft und nicht den Interessen globaler Finanzspekulanten zentrale Priorität eingeräumt wird. "Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tragen die Hauptlast der derzeitigen Krise, und ihre Gewerkschaften warnen bereits seit langem vor den Gefahren eines globalen Finanzsystems, das keiner regulierenden Kontrolle unterliegt", so Ryder, und er fügte hinzu, dass "eine wirksame Regulierung und Transparenzregeln von entscheidender Bedeutung dafür sind, Unsicherheiten zu beseitigen und das Vertrauen der Investoren wiederherzustellen."

Die Gewerkschaftsdelegation fordert zudem die Weltbank dringend auf, ihren Beitrag dazu zu leisten, dass eine Wiederholung der katastrophalen Auswirkungen der jüngsten Nahrungsmittelpreiskrise auf die Bevölkerung armer Länder vermieden wird, indem Maßnahmen getroffen werden, die über das Angebot von Notkrediten hinausgehen und den Entwicklungsländern dabei helfen, ihre Nahrungsmittelsicherheit zu erhöhen. Dabei müssen beide Institutionen einige der Strategien, zu denen sie arme Länder in der Vergangenheit ermutigt haben, rückgängig machen, wie etwa den Abbau staatlicher Agrarhilfen durch kostengünstige Saat- und Düngemittel, die Verringerung öffentlicher Getreidevorräte und die Verlagerung von der Nahrungsmittel- auf die Biotreibstoffproduktion. Diese Empfehlungen werden in der Global-Unions-Erklärung anlässlich der Jahrestagungen des IWF und der Weltbank im Oktober letzten Jahres näher erläutert.
Die Delegation wird Weltbankpräsident Zoellick außerdem drängen, in der auflagenstärksten Veröffentlichung der Bank, Doing Business, nicht weiterhin die Deregulierung der Arbeitsmärkte zu propagieren, indem Länder wie Belarus, die grundlegende Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgebaut haben, am besten bewertet werden. "Es hat wenig Sinn, dass sich die Weltbank weiterhin nachdrücklich für eine generelle Deregulierung als Antwort auf die Malaise der Entwicklungsländer ausspricht, wenn offensichtlich ist, dass es der Mangel an einer angemessenen weltweiten Regulierung ist, der die globale Wirtschaft in die tiefste Krise seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts gestürzt hat", erklärte IGB-Generalsekretär Ryder.

Die Zusammenkünfte in dieser Woche fallen in den Rahmen einer fortlaufenden internationalen Gewerkschaftskampagne zur Bewältigung der Krise. Die Gewerkschaften in den einzelnen Ländern setzen sich bei ihren jeweiligen Regierungen für die Sanierungs- und Reformagenda ein, und beim zweiten Krisengipfel der G20 im April in London wird eine weitere globale Aktion organisiert werden.


Der IGB vertritt 168 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in 311 Mitgliedsorganisationen und 155 Ländern und Hoheitsgebieten.

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