Wirtschaftskrise: Internationale Gewerkschaften legen G20 Sanierungs- und Reformplan vor

Die Spitzengewerkschafter/innen der G20-Länder werden bei Zusammenkünften unmittelbar vor dem von der US-Regierung am 15. November 2008 in Washington, DC, organisierten Gipfel anlässlich der Finanzkrise einen umfassenden Plan zur Sanierung der Weltwirtschaft unterbreiten.

Brüssel, 13. November 2008: Die Spitzengewerkschafter/innen der G20-Länder werden bei Zusammenkünften unmittelbar vor dem von der US-Regierung am 15. November 2008 in Washington, DC, organisierten Gipfel anlässlich der Finanzkrise einen umfassenden Plan zur Sanierung der Weltwirtschaft unterbreiten. Die Gewerkschaftsdelegation wird den Plan mit dem Geschäftsführenden Direktor des IWF, Dominique Strauss-Kahn, Weltbankpräsident Robert Zoellick und den Regierungschefs der G20-Länder diskutieren.

Die internationalen Gewerkschaften fordern eine Reihe von Dringlichkeitsmaßnahmen zur Abwendung einer tief greifenden und anhaltenden weltweiten Rezession sowie umfassende Veränderungen hinsichtlich der Lenkung der globalen Wirtschaft, um die Folgen einer jahrzehntelangen Deregulierungspolitik umzukehren, die die derzeitige Krise verursacht hat. Es bedarf neuer Initiativen für Entwicklung und menschenwürdige Arbeit sowie eines "Green New Deal", um den Klimawandel in wirksamer Weise in den Griff zu bekommen. Die Vorschläge der Gewerkschaften finden sich in einem detaillierten Sanierungs- und Reformprogramm mit dem Titel "Deklaration von Washington".

"Es muss unverzüglich etwas getan werden, um die Weltwirtschaft wieder in Gang zu bringen und die Beschäftigung anzukurbeln. Die Regierungen müssen zu weiteren abgestimmten Zinssenkungen sowie zu Investitionen in die Infrastruktur, in das Bildungs- und das Gesundheitswesen bereit sein, um die Nachfrage anzukurbeln und die öffentlichen Dienste zu stärken. Dies muss mit steuer- und ausgabenpolitischen Maßnahmen einhergehen, um die Kaufkraft derjenigen mit niedrigen und mittleren Einkommen zu stärken, ebenso wie mit konkreten Schritten in Richtung auf Investitionen in "grüne" Waren und Dienstleistungen, um den Klimawandel in den Griff zu bekommen", erklärte John Evans, der Generalsekretär des Gewerkschaftlichen Beratungsausschusses bei der OECD (TUAC). 
Der IGB und der TUAC organisieren den vom US-Gewerkschaftsbund AFL-CIO in dessen Hauptbüro in Washington, DC, ausgerichteten Gewerkschaftsgipfel gemeinsam. 

" Das Ergebnis der Wahlen in den USA spiegelt die weltweite Ablehnung der fundamentalistischen rechtsgerichteten Ideologie wider, die wenige Menschen unglaublich reich gemacht hat, während die Ungleichheit und die wirtschaftliche Unsicherheit zugenommen haben, die Entwicklung zum Stillstand gekommen ist und die Welt am Rande einer wirtschaftlichen Katastrophe steht. Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes rechnen und immer mehr Menschen verarmen, wobei Frauen häufig zu den am meisten Betroffenen zählen", stellte IGB-Generalsekretär Guy Ryder fest. "Es ist jetzt an der Zeit, einen vollständigen Richtungswechsel vorzunehmen, und wir werden den Regierungen, einschließlich der neuen Regierung Obama in den USA, unsere Argumente für einen solchen Richtungswechsel unterbreiten", fügte er hinzu.

Neben den Sofortmaßnahmen zur Ankurbelung der Weltwirtschaft schlagen die Gewerkschaften ein umfassendes Regulierungspaket vor, um für eine verantwortungsvolle globale Lenkung der globalen Wirtschaft mit einer maßgeblichen Rolle für die Internationale Arbeitsorganisation (IAO) im Einklang mit ihrer neuen Erklärung über soziale Gerechtigkeit zu sorgen. Zu den Schlüsselelementen des Pakets gehören:
eine bessere Rechenschaftspflicht der Zentralbanken
die Regulierung von Hedge-Fonds und Beteiligungsgesellschaften
eine angemessene Aufsicht für Banken und globale Finanzkonzerne
die Reform und Kontrolle des Vergütungssystems für Führungskräfte und der Ausschüttung von Unternehmensgewinnen
die Besteuerung internationaler Finanztransaktionen
die Reform der Kredit-Rating-Agenturen
die Trockenlegung von Steueroasen
Schutz vor räuberischen Praktiken bei der Kreditvergabe
eine aktive Wohnungsmarktpolitik und ein System gemeinschaftlich organisierter Finanzdienstleister.

Die Erklärung von Washington verweist auch auf die Misere der ärmsten Länder der Welt, in denen die Folgen der globalen Konjunkturabschwächung am stärksten zu spüren sein werden. Die reicheren Länder werden aufgefordert, dafür zu sorgen, dass internationale Ziele im Bereich der Entwicklungshilfe sowie die Millenniums-Entwicklungsziele der UN erreicht und unverzüglich Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass Güter des Grundbedarfs, vor allem Lebensmittel, für die Ärmsten erschwinglich werden.

In der Erklärung fordert die globale Gewerkschaftsbewegung eine neue internationale Wirtschaftsordnung, die über die Finanzmärkte und Devisenströme hinausgeht. Diese neue Ordnung muss die größten Mängel des derzeitigen Systems überwinden und dafür sorgen, dass aufstrebende Volkswirtschaften und Entwicklungsländer ihren rechtmäßigen Platz einnehmen können und direkt in die politischen Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Menschenwürdige Arbeit muss ein Hauptziel dieses neuen Systems sein, bei dem die Schaffung von Arbeitsplätzen, grundlegende Arbeitnehmerrechte, sozialer Schutz und sozialer Dialog im Mittelpunkt stehen müssen, wenn der massiven Ungleichheit, die der derzeitigen Krise zugrunde liegt, ein Ende gesetzt werden soll.

"Die Regierungen hatten es in den letzten drei Jahrzehnten leicht, sich ihrer Verantwortung zur Regulierung der Märkte und zur Gewährleistung, dass sich multinationale Unternehmen an globale Arbeitnehmerrechtsnormen halten, zu entziehen. Die Verfolgung einer verantwortungsvollen, aktiven Regierungspolitik in diesem Bereich wird wesentlich schwieriger sein, da keine Regierung dies alleine schaffen kann. Jetzt sind abgestimmte Maßnahmen erforderlich, um für eine angemessene Regulierung zu sorgen und die Märkte wieder in den Dienst der Menschen zu stellen", so Ryder. 


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