Olympische Spiele von Peking: IOC soll Maßnahmen setzen wegen arbeitsrechtlicher Vergehen der Lieferanten für die Olympischen Spiele

Neue Berichte liefern Einzelheiten über grobe Verletzungen des Arbeitsrechts in mehreren chinesischen Fabriken

Am Vorabend einer Konferenz des Internationalen Olympischen Komitees in London prangert ein heute erschienener Bericht: „Keine Arbeitnehmerrechtsmedaille für Olympia“, der Gruppe PlayFair, Kampagne 2008, schwere Verletzungen der grundlegenden Arbeitsstandards durch mehrere chinesische Lieferanten an, die für die Olympischen Spiele in Peking unter Vertrag stehen. Dazu gehören Erwachsenenlöhne, halb so hoch wie gesetzlich vorgeschrieben, die Beschäftigung von erst 12 Jahre alten Kindern und Arbeitnehmer, die sieben Tage die Woche in 12-Stunden-Schichten und unter unsicheren und ungesunden Bedingungen arbeiten müssen. Da die Versammlungsfreiheit in China aufgehoben ist, haben die Arbeitnehmer keine wirksame Möglichkeit, ihre Rechte einzufordern.

Die Forscher von PlayFair 2008 führten Anfang 2007 Gespräche und stellten Nachforschungen in vier Fabriken an, die Taschen, Kappen, Papierwaren und andere Produkte für die Olympischen Spiele in Lizenz erzeugen. Diese Unternehmen sind Lekit Stationary Co, Mainland Headwear Holdings Ltd, Eagle Leather Products und Yue Wing Cheong Light Products. Der Bericht zeigt außerdem Verletzungen des Arbeitsrechts auf, z. B. Zwangsüberstunden, Arbeitnehmer werden aufgefordert, externen Inspektoren gegenüber falsche Angaben über ihre Löhne und Arbeitsbedingungen zu machen, Arbeitnehmer müssen 30 Tage pro Monat arbeiten und Arbeitgeber fälschen Aufzeichnungen von Arbeitsstunden.

"Wir sind total erschöpft, weil wir die “Olympia-Taschen” zeitgerecht fertig stellen müssen”! Zum Teufel mit der Olympia-Ware, ich bin so müde”, sagte einer der von PlayFair 2008 befragten Arbeiter.

Die Organisationen von PlayFair 2008 haben seit den Olympischen Spielen 2004 in Athen versucht, das Internationale Olympische Komitee dazu zu bringen, die Arbeitnehmerstandards in die Lieferantenverträge aufzunehmen, wie im neuen Bericht erwähnt, aber die IOC weigert sich, dies zu tun.

"Die Lizenzvergabe für die Olympia-Marke ist eine der Haupteinnahmequellen für das IOC und die nationalen Olympischen Komitees. Es ist eine Schande für die gesamte olympische Bewegung, dass solche groben Verletzungen internationalen Arbeitsrechts in Fabriken stattfinden, die unter Lizenz von Olympia stehen“, sagte Guy Ryder, der Generalsekretär des Internationalen Gewerkschaftsbundes, zusammen mit der Internationalen Textil-, Bekleidungs- und Leder-Arbeitervereinigung (ITBLAV) und der Clean Clothes Campaign (CCC) ein Partner der PlayFair 2008-Kampagne.

„12-jährige Kinder, die 15 Stunden pro Tag arbeiten. Arbeiter, die um mehr als die Hälfte ihres gesetzlichen Lohnes geprellt werden. Sie alle arbeiten bis zum Umfallen, um Produkte für die Olympischen Spiele von Peking herzustellen. Das ist nicht fair! Es erhebt sich die Frage, ob IOC in Wirklichkeit nicht ’Ignoring Outrageous Conditions’ (Ignorieren von skandalösen Bedingungen) bedeutet anstatt ’International Olympic Committee’ (Internationales Olympisches Komitee)", meint ITBLAV-Generalsekretär Neil Kearney.
Das IOC schreibt den Lizenznehmern eine Reihe strenger Auflagen vor, nicht aber die Einhaltung grundlegender arbeitsrechtlicher Bedingungen. Die Lizenzvergabe bei den Olympischen Spielen von Peking wird Olympia schätzungsweise an die 70 Millionen US $ einbringen – das sind 40% mehr als die Sommerspiele 2000 in Sydney.
Übertragungsrechte, Sponsorengeschäfte und der Kartenverkauf sind weitere große Einnahmequellen für Olympia und der Verkauf anderer mit den Olympischen Spielen zusammenhängender Waren wird ebenfalls hohe Profite abwerfen.

“PlayFair 2008 ist jederzeit bereit zu Gesprächen mit dem IOC, um wirksame Mechanismen zum Schutz der ausgebeuteten Arbeiter bei der Herstellung von olympischen Erzeugnissen einzuführen“, sagt Ineke Zeldenrust vom Internationalen Sekretariat von CCC. „Der IOC hat zu lange zu diesen Fragen geschwiegen, und wir werden aktive Kampagnen durchführen, um Maßnahmen zu erzwingen. Als Organisator der größten Sportveranstaltung der Welt sollte das Komitee seine Autorität einsetzen, um die umfassende Einhaltung der grundlegenden Arbeitnehmerrechte im Sportartikelsektor generell zu unterstützen.

„Die Weigerung des IOC, für international anerkannte fundamentale Standards in Bezug auf die Vereinigungsfreiheit in Fabriken, die Olympia-Lizenzen haben, zu sorgen, steht in direktem Widerspruch zum olympischen Geist des fairen Wettbewerbs. Die fürchterlichen Bedingungen, unter denen chinesische Arbeiter Produkte für die Olympischen Spiele herstellen, sind eine Schande für den IOC und die chinesische Regierung“, sagt Lee Cheuk Yan, Generalsekretär des Gewerkschaftsverbandes von Hongkong.

PlayFair 2008 hat vor Veröffentlichung des Berichts eine Kopie an die IOC-Zentrale in Lausanne geschickt und das IOC neuerlich aufgefordert, bei seiner Lizenzvergabe und in seinen Lieferverträgen wirksame Mechanismen einzusetzen, um die Erfüllung grundlegender Arbeitsstandards zu gewährleisten. In früheren Gesprächen zwischen PlayFair und dem IOC wies das IOC die Vorschläge von Play Fair zurück und hat bisher keinerlei wirksame Maßnahmen zum Schutz der in der Produktion von Olympia-Artikeln beschäftigten Arbeitnehmer vor Ausbeutung unternommen.

In einem Schreiben an PlayFair 2008, das am letzten Freitag nach Büroschluss einging, hat das IOC mitgeteilt, dass es sich seiner sozialen Verantwortung bewusst und um moralisch einwandfreie Lieferantenketten bemüht sei. Auf die spezifischen Vorschläge von PlayFair ging es jedoch nicht ein, noch deutete es irgendwelche konkreten Initiativen zur Lösung dieses Problems an. Das PlayFair-Bündnis hat das Pekinger Olympia-Komitee zudem aufgefordert, seine Drohung, die Verträge mit den in dem Bericht genannten Betrieben zu kündigen, nicht wahr zu machen, sondern sich stattdessen den Bemühungen um die Achtung der grundlegenden internationalen Arbeitnehmerrechte in den gesamten Lieferantenketten anzuschließen.

„Wir warnten den IOC bei dieser Gelegenheit davor, dass, wenn er nicht die nötigen arbeitsrechtlichen Maßnahmen unternähme, Situationen eintreten würden, wie sie im Bericht beschrieben sind, die dem Namen und dem Ruf der olympischen Bewegung nachhaltig schaden würden. Leider haben sie sich gegen das Ergreifen von Maßnahmen entschieden. Das darf nicht wieder vorkommen“, sagte Ryder.


Bericht in Russisch

Kontakt:

Internationaler Gewerkschaftsbund (IGB)
www.ituc-csi.org
Tel.: + 32 2 224 0212 oder + 32 476 621 018 oder +32 475 670 833

Internationale Textil-, Bekleidungs- und Leder-Arbeitervereinigung
www.itglwf.org
Tel.: + 32 2 512 2606 oder + 32 2 512 2833

Clean Clothes Campaign
www.cleanclothes.org
Tel.: + 31 20 4122785 oder + 31 651 280 210