Guatemala

Guatemala ist eins der 10 schlimmsten Länder der Welt für erwerbstätige Menschen

credits photo Johan ORDONEZ / AFP

In Guatemala haben Kundgebungen zum 1. Mai stattgefunden, und die Gewerkschaften setzen ihre Arbeit trotz drohender schwerer Gewalt, Entführung und Mord fort.

Guatemala wird seit langem von endemischer Gewalt gegen Arbeitnehmer geplagt. Schon die einfachsten Gewerkschaftsaktivitäten waren lebensgefährlich, und die Regierung hat es versäumt, Gewerkschaftsmitglieder zu schützen bzw. wegen gewerkschaftsfeindlicher Straftaten zu ermitteln und diese zu verfolgen. Arbeitgeber konnten nach Belieben gewerkschaftsfeindliche Praktiken anwenden und beispielsweise Massenentlassungen vornehmen.

Mord an Doris Lisseth Aldana Calderon

Am 4. Oktober 2023 wurde die 33-jährige Doris Lisseth Aldana Calderón auf dem Heimweg von der Arbeit in der Bananenanbauregion Izabal im Norden Guatemalas brutal getötet. Die vierfache Mutter war eine führende Vertreterin der Bananenarbeiter-Gewerkschaft SITRABI (Sindicato de Trabajadores Bananeros de Izabal) und Mitglied des Frauenausschusses der Gewerkschaft. Sie war eine von zwei Gewerkschaftsbeauftragten in ihrem Betrieb, Bandegua, einer Tochterfirma des Weltkonzerns Del Monte. Ihr Gewerkschaftskollege war Anfang September entlassen worden.

Fabrikschließungen, um gewerkschaftliche Organisierung zu verhindern

Im März 2023 gründeten die Beschäftigten der Bekleidungsfabrik Industrial Hana, die als Unternehmen in der Freien Exportzone (FEZ) betrieben wird, die Gewerkschaft Sindicato de Trabajadores y Trabajadoras de la Empresa Industrial Hana (SITRIHANA) und beantragten deren Zulassung. Eine Woche später zogen die Marken der Republik Korea, die von Industrial Hana beliefert werden, ihre Produktion ohne jegliche Begründung ab, und die Arbeitsverträge von 235 Beschäftigten wurden aufgehoben. Dieser Schritt wurde als Versuch gewertet, Tarifverhandlungen zu umgehen. Somit konnten die Unternehmen weiterhin Beschäftigte in nicht gewerkschaftlich organisierten Fabriken ausbeuten, um möglichst kostengünstig zu produzieren.

Im August 2023 organisierte das Arbeitsministerium ein Schlichtungsverfahren zwischen SITRIHANA und Industrial Hana, bei dem es um die Nichtanerkennung der Gewerkschaft durch das Unternehmen, die unrechtmäßige Aufhebung der Verträge und die Nichtzahlung der Löhne und anderer Leistungen ging. Eine Einigung konnte allerdings nicht erzielt werden. Im Oktober 2023 meldete Industrial Hana Konkurs an und weigerte sich, den Beschäftigten die geschuldeten Löhne und sonstigen Leistungen in Höhe von rund 1,5 Mio. US$ zu zahlen. Die Beschäftigten reichten daraufhin eine Klage gegen das Unternehmen ein.